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Blickwechsel – making of

TANZTEE 2016

TANZTEE 2015

Lesegarten

PRESSE / VERÖFFENTLICHUNGEN

 Musikgeragogik in der Praxis 

Unser Dorf singt

Heike Bandner-Wappler

 

Musikangebote für ältere und mit älteren Menschen haben Konjunktur. Neben den Gelegenheiten aktiven Musizierens in mannigfaltigen Ensembles wie Seniorenchören, -bands und -orchestern werden auch intergenerative Angebote und neue Konzertformate für und mit Älteren entwickelt. Das neue Handbuch Musikgeragogik in der Praxis bildet diese Vielfalt ab, indem innovative Musikprojekte aus den Bereichen Musikschule, Hochschule und freier Szene vorgestellt werden.


Geriatrie-Report
März 2019

SINGEND AUS DER SPRACHLOSIGKEIT

Dr. Manfred Wappler, Heike Bandner-Wappler

Bei Menschen mit Aphasie sind die Kommunikation und das Selbstbewusstsein häufig so stark beeinträchtigt, dass sie sich aus dem sozialen Leben zurückziehen. Ein Ausweg aus der Isolation bieten Aphasiechöre.

Eine Aphasie führt zu anhaltenden und massiven Einbußen der Lebensqualität [1]. Die Kommunikationsstörungen und das beeinträchtigte Selbstwertgefühl der Betroffenen haben oft einen sozialen Rückzug zur Folge. Ca. ein Drittel aller Menschen mit einer Schlaganfall-bedingten Aphasie leiden ein Jahr nach dem Ereignis noch an einer Poststroke-Depression (PSD) [2, 3]. Auch die Ehepartner, die sich auf die Beeinträchtigungen durch die gestörte Kommunikation einstellen müssen, können in seelische Krisen geraten [4]. Ein besonders wirkungsvolles Mittel in der rehabilitativen Behandlung von Menschen mit Aphasien ist die Teilnahme an Aphasiechören (Abb. 1). Musik und Sprache hängen eng miteinander zusammen.
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Dies zeigt sich u. a. darin, dass musikalische und sprachliche Reize in den gleichen zerebralen Regionen und mit den gleichen Prozessen in einer Art „musiksprachlichen neuronalen Netzwerk“ verarbeitet werden [5]. Aus

der Hirnforschung ist zudem bekannt, dass das Hören von Musik die Vorbereitung von Kehlkopfbewegungen im prämotorischen Kortex aktiviert.

Singen ist eine wertvolle Ressource für Menschen mit Aphasie Obwohl es den Betroffenen schwerfällt, zu sprechen, ist das Singen von vertrauten Liedern auch bei schwerer Aphasie häufig problemlos möglich [6]. Durch das Singen gelingt es den Chorteilnehmern, sich verbal und musikalisch auszudrücken. 

Anders als beim Sprechen erleben sie ihre Stimme beim Singen als positiv. Sie verfolgen ein gemeinsames Ziel und sind nicht in erster Linie auf ihre prachlichen

Defizite fokussiert. Dadurch können sie an Selbstbewusstsein gewinnen. Bei Menschen mit Aphasie wirken sich musikalische Wahrnehmungen daher kognitiv strukturierend, emotional stimulierend und motivierend aus [7]. Zudem fördert die weitgehend unbewusste Verwendung der Sprache durch die Lenkung der Aufmerksamkeit auf das Singen den Erfolg der Sprachtherapie [8]. Lebensqualität neu bewerten Die Lebensqualität von Schlaganfallpatienten wird nahezu regelhaft an den negativen Folgen der Erkrankung wie motorische  unktionsverluste oder verminderte Alltagskompetenz beurteilt [9]. Selten wird in der medizinischen Fachliteratur der Blick auf die positiven Aspekte einer gelungenen Adaptation gelenkt.


HNA Hofgeismar
30.05.2017

ES GEHT UM MEHR ALS DEN GESANG

von Gregory Dauber

In Hofgeismar werden Aphasiker im Chor therapiert – Das Singen hilft, die Sprache zurückzubringen

HOFGEISMAR. Sie treffen kaum einen Ton, die Liedtexte sind simpel und teilweise altbekannt. Mit Rasseln in Eierform wird die Melodie, mehr oder weniger rhythmisch, nachgemacht. Dieser Chor ist kein gewöhnlicher Chor. Beim Aphasiker-Chor im Evangelischen Krankenhaus Gesundbrunnen in Hofgeismar singen Menschen, für die Sprache alles andere als selbstverständlich ist. Wer an Aphasie leidet, der hat eine schwerwiegende Störung im Sprachzentrum des Gehirns. Meist sind es Schlaganfälle, die eine Aphasie auslösen.
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Auch Hirnblutungen, Verletzungen wie Schädel-Hirn-Traumata und Tumore können zur Aphasie führen (siehe Artikel links). Manche Aphasiker können kaum oder gar nicht sprechen, andere haben Probleme mit der Wortfindung oder dem Sprachverständnis. Eine noch wenig verbreitete Therapieform für die Aphasie ist das Singen. In Deutschland gebe es nur eine Handvoll ähnlicher Projekte, erklärt die Chorleiterin Heike Bandner- Wappler. Ihr Ehemann, Dr. Manfred Wappler, ist Chefarzt der Geriatrie am Gesundbrunnen. Auch durch ihn ist die Diplom-Musiklehrerin auf die Bedürfnisse  älterer Menschen aufmerksam geworden, machte Fortbildungen in Musikund Kulturgeragogik. „Ich bin Pädagogin für alle älteren Menschen“, sagt sie selbst. Über diesen Weg ist sie auf die Aphasiker gestoßen.  Seit März 2016 trifft sich der Aphasiker-Chor zweimal im Monat in der Tagesklinik am Krähenberg. Dabei geht es eben nicht um musikalische Perfektion oder mehrstimmige Gesänge: Die Hauptsache ist zunächst einmal, dass überhaupt gesungen wird. „Viele Teilnehmer haben Probleme mit neuen Texten. Das, was sie noch aus früheren Tagen kennen, fällt ihnen viel leichter“, erklärt Bandner-Wappler. Wenn die Sprache länger ausgefallen sei, dann helfe das Singen bei der Reaktivierung der Stimmbänder und der Gesichtsmuskulatur. Fast wichtiger als Textsicherheit ist der Augenkontakt, den Bandner-Wappler mit ihren Chormitgliedern ständig sucht. „Machen sie meine Mundbewegungen nach“, fordert sie dann. Eine, die ganz von vorn beginnen musste, ist Brunhilde Lang aus Hümme. Vor 13 Jahren erlitt die Frau einen schweren Schlaganfall, lag elf Tage im Koma, sprach monatelang kein Wort. „Das Sprechen kommt nur sehr, sehr langsam  Lieder“, sagt sie mit leicht stockender, aber glasklarer Stimme. „Ich weiß noch sehr genau, wie groß die Freude war, als ich nach drei Monaten die ersten Laute von mir gegeben habe“, erinnert sie sich. „Frau Bandner-Wappler macht das ganz toll, sie geht auf jeden Teilnehmer ein. Die Mundbewegungen müssen gezielt geübt werden“, erklärt Lang. Die Freude und der Ehrgeiz sind ihr bei jeder Silbe anzusehen.


Pflegezeitschrift Kohlhammer Verlag
7 / 2016

MUSIKGERAGOGIK: AKTIVIERUNG UNTER BERÜCKSICHTIGUNG DER BIOGRAFIE

Der Begriff „Musikpädagogik“ ist allen geläufig: Ein Pädagoge führt Kinder und Jugendliche an die Musik heran. Aber „Musikgeragogik“? Wenn wir uns die Bedeutung des zusammengesetzten Wortes anschauen, wird klar: „Geraios“ bedeutet der Greis, „ago“ ich führe jemanden hin. Also: Ich führe den Greis zur Musik hin. 

Es wird immer wieder offensichtlich – schaut man in die Altersheime hinein – dass gerade die Aktivierung häufig in den Händen von Erziehern liegt, die ihre Ausbildung für den pädagogischen Bereich, also für Kinder und Jugendliche, absolviert haben. Sie kommen in bester Absicht, sind froh, einen Job zu haben, denn aufgrund des Geburtenrückgangs sind die Stellen rar geworden. Nicht so jedoch bei den Heimen. Hier wird händeringend Personal gesucht.
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Es passiert, was passieren muss: Ein Pädagoge macht die Arbeit eines Geragogen. So kursiert das Phänomen der Kindergartenpädagogik in der Heimlandschaft mit der Konsequenz, dass oftmals die älteren Bewohner wie Kinder angesprochen und behandelt werden. Nehmen wir aber an, ein Professor oder ein Arzt, ein Verwaltungsdirektor oder die ehemalige Chefsekretärin ist auf Grund eines Schlaganfalls pflegebedürftig. Schlimm genug, dass sie ihre häusliche Umgebung verlassen müssen, aber noch schlimmer, dass sie vielleicht jetzt Weihnachtssterne im Gruppenverband ausschneiden müssen, diese an die Fenster im Tagesraum geklebt werden und sie dazu noch „Ihr Kinderlein kommet“ singen sollen.

Den Aktivierungskräften die verantwortungsvolle Aufgabe obliegt, die Balance zwischen Unter- und überforderung zu finden. Denn im Optimalfall tragen die Beschäftigungen aus den verschiedensten Sparten dazu bei, dass ein sinnerfülltes Altern durch das eigene Tun möglich ist. Dies gelingt jedoch nur, wenn man sich mit dem Thema „Alter“ und der Biografie und Zeitgeschichte der jeweiligen Personen ausreichend beschäftigt hat.

In der Musikgeragogik finden diesbezüglich Ausbildungsinhalte zu folgenden Themen statt:

  • Demografische Entwicklung und Alterstheorien
  • Institutionen musikgeragogischer Bildung
  • Musiklernen im Alter
  • Praxisobjekte
  • Altersbedingte Beeinträchtigungen und Musizieren
  • Musikgeragogische Orientierungen und Haltungen

Die Musikgeragogik geht weit über das Singen von Volksliedern hinaus.
Inhaltlich und in der Praxis wird die Musikgeragogik in folgende Sparten unterteilt:

  • Musik und Bewegung
  • (Senioren-) Tanz
  • Instrumentalspiel und Singen
  • Verklanglichung (Texte, Geschichten, Bilder etc.)
  • Improvisation
  • Enseblespile
  • Musikhören

Wenden wir uns einmal dem Aspekt des Singens zu: Singen ist eine der beliebtesten Beschäftigungen für ältere Menschen. Gemeinsames Singen in der Gemeinschaft trägt dazu bei, sich in einer Gruppe wohl zu fühlen. Gemeinsames Tun schafft Gemeinschaftsgefühl. Altbekannte Lieder werten den Sänger auf, der dabei feststellt, dass er ja den Text noch kann – ihn sich über die Jahrzehnte behalten hat. Das macht ihn stolz, er glaubt an sich und das Lob des Singleiters bestärkt die Gruppe. Auch das Lernen neuer Lieder macht viel Freude. Stimmt der Inhalt, dann wirken diese Singstunden stets stimmungsaufhellend. Und finden diese wöchentlich statt, hat man etwas Besonderes, worauf man sich immer wieder freuen kann. Musik und Gesang sind auch immer ein Verbindungsglied zwischen Jetztzeit und Jugend und haben biografische Bezüge und Bedeutungen. Die Erinnerung an die Kindheit und Jugend stellt sich oft sehr verklärt dar, deswegen werden auch die Lieder aus der Zeit gerne gesungen.
Durch das Singen lassen sich auch schwer an Demenz erkrankte Bewohner gut aus ihrer Lethargie holen – Musik ist der Königsweg zu Menschen mit Demenz! Die Erfahrung zeigt immer wieder: Auch Menschen, die praktisch nicht mehr sprechen, werden durch Musik nach ca. 15 Minuten erreicht und singen ihnen bekannte Lieder mit. Wenn alle Zugänge versiegen, ist die Musik ein guter Türöffner zu den Emotionen und löst deutlich wahrnehmbare Reaktionen aus. Daher sind 10-Minuten-Aktivierungen gerade für Menschen in einem fortgeschrittenen Stadium der Demenz nicht geeignet, da sie eine „Aufwärmphase“ brauchen. Kaum hat die Aktivierung angefangen, ist das Ganze auch schon wieder vorbei. Die Reaktionszeit wird praktisch überhaupt nicht erreicht. Auch das Wissen um die Wirkung von Musik auf Menschen einer bestimmten Schlüsselbegriffe Kohorte (beispielsweise Kriegskinder) und die Wirkung der Inhalte muss bedacht werden. Denn Musik hat eine ungeheure Kraft, Erinnerungen wachzurufen. Dies können sowohl schöne als auch traumatische Erlebnisse sein. Daher ist bei der Liedauswahl Vorsicht geboten!Erstes Beispiel: „Ein Heller und ein Batzen“ war ein beliebtes Marschlied der Nazis und die Melodie ist heute noch in Polen bekannt. Eine 26-jährige Polin, die in Polen lebt, hat diese Melodie als Kriegslied erkannt, obwohl sie schon der Enkelgeneration angehört. übertragen auf Heimbewohner polnischer Herkunft könnte das Singen des Liedes der Trigger sein, der Angst, Panik und Entsetzen auslöst. Eine Erinnerung an traumatische Ereignisse im 2. Weltkrieg würde damit provoziert werden. Zweites Beispiel: Das Lied von der „Lili Marleen“ wurde während des 2. Weltkriegs am Ende der Nachrichten täglich im Radio gespielt. Dies hatte den Zweck, die Soldaten an der Front „aufzumuntern“. Es hat daher eine zwiespältige Wirkung: Einerseits die Erinnerung an „das geliebte Mädchen“, die Braut, für die es sich als Soldat in den Krieg zog und der Gedanke an eine Rückkehr, um diese wieder zu sehen oder zu heiraten. Andererseits erinnert es auch jedoch an die Ereignisse im Schützengraben oder an andere Vorfälle, die auch tragisch gewesen sein können. Daher ist das Lied ebenso ein möglicher Trigger, der bewirken kann, dass traumatische Kriegserlebnisse wieder an die Oberfläche kommen können. Beachtet man jedoch geschichtsrelevante Aspekte, können diese Vorkommnisse durch entsprechende Liedauswahl reduziert werden.Das Lernen neuer Lieder ist sehr gut möglich. Es sollte auf Wiederholung basieren. Text und Melodie können dabei je nach kognitiver Verfassung unterteilt werden. Neurologen konnten feststellen, dass das aktive Musizieren im Vergleich zu anderen Tätigkeiten die Methode ist, bei der die meisten Synapsen gebildet werden konnten. Leider lassen die Budgets nicht immer die Anstellung eines ausgebildeten Musikgeragogen zu. Was das Singen mit nicht-professionellen Musikern im Pflegeheim angeht, möchte ich dem Pflegepersonal Mut machen. Denn Singen geht immer – auch bei der Pflegehandlung (Waschen, Essen, Anziehen).Es wäre wünschenswert, wenn Musik ein Bestandteil der Ausbildung von Altenpflegern wäre. Musik steht gar nicht so weit außerhalb vom Leben junger Menschen. Sonst würde die Musik- und Unterhaltungs-Industrie nicht derart boomen. Musik ist im Alltag überall gegenwärtig, ganz besonders bei den Jungen, die beispielsweise mit Ohrstöpseln unterwegs sind. Sie sind im Prinzip Tag und Nacht von Liedern umgeben. Außerdem sollte es das Unterrichtsfach „Zeitgeschichte“ geben. Geschichte, die relevant sein könnte für erlittene Traumata. Geschichte, die Verständnis schafft, für die Zeit, in der ein Bewohner in einer bestimmten Region gelebt hat.Eine gute Pflege ist das Fundament einer funktionierenden Altenpflege. Darüber hinaus müssen jedoch Lebensinhalte geschaffen werden, die ein sinnerfülltes Altern in Freude und Würde ermöglichen. Satt und sauber reicht heutzutage nicht mehr aus.


KULTURRÄUME
Das KUBIA MAGAZIN/ 10
Leidenschaft Tanz in jedem Alter

Ich tanze mit dir in den Himmel hinein

EINE TANZTEEVERANSTALTUNG DER BESONDEREN ART FÜR MENSCHEN MIT UND OHNE DEMENZ

Man nehme einen Seniorenchor mit 34 Sängerinnen und Sängern, eine Clownin und einen Clown, einen Barpianisten und einen Conférencier. Mit diesen Zutaten starte man das Projekt in einem Dorf in ländlicher Gegend und lässt sich und andere überraschen. Im vergangenen November hat die Musik- und Kulturgeragogin und Chorleiterin Heike Bandner-Wappler nach diesem Rezept eine Tanzveranstaltung für Menschen mit und ohne Demenz organisiert. Damit brachte sie das beschauliche Dorf Borgentreich-Körbecke am östlichen Rand von Nordrhein-Westfalen ganz schön in Schwung.

Anders sollte die Veranstaltung werden als die üblichen Tanztees. Keine Musik aus der Konserve. Ein halbes Jahr lang studiert der Körbecker Seniorenchor Lieder aus den 1920er bis 1940er Jahren ein. Die Mitglieder sind 63 bis 88 Jahre alt und hoch motiviert. Während sich die Damen mit der Mode aus jener Zeit befassen, Federboas und Stirnbänder auswählen und Kleider nähen, zaubern die Herren Zylinder vom Großvater aus der hintersten Ecke hervor.

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Außerdem haben sie sich weiße Schals à la Johannes Heesters besorgt und den eingestaubten Frack in die Reinigung gebracht. Ein halbes Jahr wird intensiv geprobt. Bei „Ich hab das Fräulein Helen baden seh’n“ gehen vielsagende Blicke zwischen Männern und Frauen hin und her. So manches Lied zaubert verträumte Blicke auf die Gesichter der „Mädels“. Erinnerungen an die Jugend und an die erste große Liebe werden wach. Auch dem Pianisten Thomas Krug aus Kassel gefällt die knisternde und ausgelassene Stimmung.

Ein ganzes Dorf auf den Beinen

Der Tanztee der besonderen Art wird groß beworben. Nach drei Tagen hat die Volksbank keine Karten mehr, auch nicht im Nachbardorf. Und in Warburg, der nächsten Stadt, sind die Karten nach einer Woche ebenfalls vergriffen. Am Ende sind 270 Karten verkauft. Die große Gemeindehalle von Borgentreich-Körbecke wird bis auf den letzten Platz besetzt sein. Damit hat zunächst niemand gerechnet.

Die Damen aus dem Pfarrgemeinderat und dem Kirchenvorstand nebst deren Ehemännern erklären sich bereit, die Bewirtung zu übernehmen. Mit weißem Hemd und Fliege servieren sie 35 Torten und Kuchen, ein stattliches Büffet. Am Tag vor der Veranstaltung wird die Gemeindehalle von 20 fleißigen Helferinnen und Helfern festlich dekoriert.

Auch die Sängerinnen und Sänger erhalten ein professionelles Styling. Kostümiert und geschminkt ziehen sie in die vollbesetzte Halle ein. Das Hallo und das Gelächter sind groß, als die Chormitglieder hereinschreiten, erhobenen Hauptes mit dem Sektglas in der Hand, lächelnd und nickend. Schon dieser Auftritt wird mit großem Applaus belohnt.

Gericlowns als Brücke

Ganz wichtig sind bei der Tanztee-Veranstaltung die Gericlowns, geht es doch um das Thema Liebe. Matthias Hartmann, Deutschlands einzig festangestellter Klinikclown aus Kassel und Johanna Luther, Gericlownin aus Castrop-Rauxel finden durch ihre einfühlsamen und spontanen Aktionen und Umsetzungen der Liedtexte sofort Zuspruch beim Publikum. Es gelingt ihnen auch, die Zuschauerinnen und Zuschauer zum Tanzen zu animieren. Die Chormitglieder sind der Hingucker und die Clowns berühren die Menschen und zaubern ihnen ein Lächeln ins Gesicht.

Der Conférencier Frank Baumann, im wahren Leben Schreiner und berufener Kabarettist, leitet routiniert zu den einzelnen Liedern über und heißt das Publikum willkommen: „Manche kennen sich noch von früher und andere lernen sich heute wieder neu kennen.“ Im Publikum sitzen Familien und Freunde, Alt und Jung, Menschen mit und ohne Demenz. Oft sind drei Generationen einer Familie im Raum, die gleichermaßen die Veranstaltung genießen. Durch die Musik lösen sich sämtliche Barrieren in Wohlgefallen auf, denn die Evergreens sprechen alle an.

Auch noch Wochen und Monate nach dem Konzert spricht man in Körbecke von der Veranstaltung. Grund genug, die Reihe im Herbst dieses Jahres fortzuführen. Diesmal mit einem Trio mit Klavier, Kontrabass, Schlagzeug und Hits der 1950er bis 1960er Jahre rund ums Wasser. Es verspricht amüsant zu werden, wenn der Chor das Lied vom „Itsy Bitsy Teenie Weeny Honolulu Strandbikini“ aus dem Hut zaubert. Wir dürfen gespannt sein.

 

Die Autorin:

Heike Bandner-Wappler ist Diplom-Musiklehrerin, Musikgeragogin, und Kulturgeragogin. Im Moment absolviert sie die Ausbildung zur Rhythmikgeragogin. Sie hat im Jahr 2013 die Senioren-Chorwerkstatt Körbecke gegründet. Sie leitet außerdem die Kinder-Chorwerkstatt und die Aphasiker-Chorwerkstatt Stimmt! Daneben ist sie Vorsitzende des Arbeitskreises Chorsingen für ältere Menschen der Deutschen Gesellschaft für Musikgeragogik.


Aphasia Nr. 2  Juli 2016
Aphasie suisse

AphaSingers Basiliensis

von Alice Koch

BESUCH AUS DEUTSCHLAND

Sich mitteilen können, Wünsche äußern, nach dem Weg fragen – das sind für die meisten Menschen Selbstverständlichkeiten. Nach einem Schlaganfall, einem Schädel-Hirn-Trauma oder einer Tumorerkrankung kann das ganz anders aussehen. Plötzlich sind Betroffene im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos. Aphasie, nennen Mediziner diesen Zustand der Sprachlosigkeit. Das Wort stammt aus dem Griechischen und bedeutet »ohne Sprache«.
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Eine erfolgreiche Methode, das Sprechvermögen zurück zu erlangen, ist das Singen. Aus diesem Grund, hat Heike Bandner-Wappler aus Körbecke einen Aphasiker-Chor gegründet. »Viele Menschen können nach einem Schlaganfall nicht mehr sprechen, weil das Sprachzentrum der linken Hirnhälfte geschädigt ist«, weiß die Diplom-Musiklehrerin, Musik- und Kulturgeragogin. Trotzdem sind sie in der Lage, zu singen, weil Liedtexte und Melodien im Musikzentrum, das sich in der rechten Hälfte befindet, abgespeichert sind. »Das bedeutet, dass die Texte, die man mit den Liedern gelernt hat, durch die singende Sprache nicht verloren gegangen sind«, erklärt Heike Bandner-Wappler. Neben dem therapeutischen Effekt, steht bei ihrer Chorwerkstatt für Menschen mit Aphasie aber auch der Gemeinschaftssinn. Denn, dadurch dass sich die Betroffen nicht mehr verständigen können, fühlen sie sich oft einsam. »Durch das gemeinsame Singen wird das Selbstbewusstsein gestärkt und erfahren, dass die Betroffenen mit ihren Problemen sich alleine sind«, berichtet die Chorleiterin. Um Erfahrungen zu sammeln ist die Körbeckerin extra in die Schweiz gereist, um dort den Aphasiker-Chor der Logopädin Fanny Dittmann zu besuchen. Anders als in Deutschland, wo es bisher nur drei offizielle Chöre dieser Art gibt, ist das Singen mit Aphasikern in der Schweiz sehr weit verbreitet. »Als ich in Basel erlebt habe, wie die Menschen, die keinen ganzen Satz aussprechen konnten, gemeinsam im Kanon gesungen haben, war das für mich ein ganz besonderer Gänsehaut-Moment und ich wusste, dass ich hier Zuhause auch ein solches Projekt beginnen möchte«, erzählt Heike Bandner-Wappner.
Und das hat sie auch in die Tat umgesetzt: Die erste Chorprobe findet am Dienstag, 1. März, von 16 bis 17.30 Uhr in der Tagesklinik I des Evangelischen Krankenhauses Gesundbrunnen, Am Krähenberg 1, in Hofgeismar statt und wird dann jeweils am ersten und dritten Dienstag im Monat veranstaltet. Gesungen werden Volkslieder und bekannte Hits, die Heike Bandner-Wappner am Klavier begleitet. Mit dabei ist auch die Warburger Aphasiker-Selbsthilfegruppe, die sich unter der Leitung von Manfred Fuchs jeden letzten Mittwoch im Monat im Helios Klinikum Warburg trifft.


Für weitere Informationen steht Heike Bandner-Wappler unter Telefon 05643/9 40 56 zur Verfügung. 


CHOR DER NATIONEN

Seit November 2018 besteht der CHOR DER NATIONEN in Borgentreich. Er gehört zur Evangelischen Kirchengemeinde Altkreis Warburg, Ortsteil Borgentreich.

Durch die Lage der Martin-Luther-Kirche in Borgentreich dicht an der Zentralen Unterbringungseinrichtung, die Flüchtlingen als Erstaufnahmestützpunkt dient, ist die Kirchengemeinde oft erste Anlaufstelle für religiöse Fragen der Flüchtlinge.

Christen werden überall in der Welt wegen ihres Glaubens verfolgt. In Borgentreich angekommen, können sie erstmals frei und öffentlich ausleben, was sie bislang in geheimen Hauskreisen oder Gottesdiensten im Iran beispielsweise praktiziert haben. Viele sind jedoch, nachdem ihr religiöses christliches Leben bekannt wurde, verfolgt worden und mussten sich oft monatelang verstecken und fliehen. Aus dieser Gruppe christlicher Flüchtlinge hat sich der CHOR DER NATIONEN gebildet.

Er trifft sich wöchentlich in der Martin-Luther-Kirche. Gesungen werden christliche Lieder auf Deutsch, aber vorwiegend werden Worship Songs auf Farsi (persisch) gesungen.

Auftritte

3.12.2018
KFD Diazösenverband Paderborn, Frauenkirche in Hardehausen

22.12.2018
Adventskonzert „Unser Dorf singt“  in Borgentreich-Körbecke

31.12.2018
Silvestergottesdienst Altjahrsabend  in der Martin-Lutherkirche, Borgentreich

10. 02.2019
Einweihung Kulturcafé, Warburg

15.06.2019
Freundschaftssingen, Altstädterkirche Hofgeismar

16.11.2019
Konzert der Nationen, Katholische Kirche St. Blasius Körbecke


Mitgliedschaften